Bildung und Gesellschaft

Vorarlberger MaturantInnenbefragung 2019

Die Industriellenvereinigung (IV), die Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) und die Bildungsdirektion Vorarlberg haben heuer bereits zum neunten Mal seit 1997 eine Befragung unter allen Vorarlberger MaturantInnen des aktuellen Jahrgangs durchgeführt.

"Die Industriellenvereinigung (IV), die Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) und die Bildungsdirektion Vorarlberg haben heuer bereits zum neunten Mal seit 1997 eine Befragung unter allen Vorarlberger MaturantInnen des aktuellen Jahrgangs durchgeführt. „An der im Februar und März 2019 durchgeführten Studie beteiligten sich insgesamt 1.377 Maturantinnen und Maturanten. Dies entspricht einer sehr beachtlichen Rücklaufquote von 71,46 Prozent, die Ergebnisse sind daher sehr repräsentativ“, so Mathias Burtscher, Geschäftsführer der IV-Vorarlberg. 59 Prozent (818) waren weibliche und 41 Prozent (559) männliche Schüler. Durchgeführt wurde die MaturantInnenbefragung vom Dr. Auer Institut für Management und Marketing.

Die MaturantInnen teilten sich in

  • 658 aus Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS)
  • 265 aus den Höheren Technischen Lehranstalten (HTL)
  • 223 aus den Handelsakademien (HAK)
  • 126 aus den Höheren Lehranstalten für Wirtschaftliche Berufe (HLW)
  • 63 aus den Höheren Lehranstalten für Tourismus (HL für Tourismus) und
  • 42 aus der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAfEP).

Die 36 detaillierten Fragen hatten den Fokus auf:

  • Schul- und bildungsrelevante Ergebnisse => Fragen zu Schule, Schultyp, Inhalt, Lehrpersonen, Informationsstand zu Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten, Zukunftsplänen
  • Ergebnisse zur Entscheidungsfindung, Arbeitsleben und Wirtschaft an Schulen => Fragen zu Berufseinstieg, Entscheidungsfindung, zukünftigem Arbeitsleben, Wirtschaftszweigen, Unternehmertum und Wirtschaft an Schulen
  • Ergebnisse zum Arbeits- und Wirtschaftsstandort, Erfordernissen für den Standort und zur EU/Globalisierung => Fragen zu Arbeitsmarkt, Wirtschaftsstandort, Erfordernissen für den Standort, EU und Globalisierung

Schul- und bildungsrelevante Ergebnisse – LR Dr. Barbara Schöbi-Fink

Die Vorarlberger Maturantinnen und Maturanten geben ein positives Urteil zur Bildungslandschaft ab und stehen auch der Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt überwiegend positiv gegenüber. Das ist das Ergebnis der MaturantInnenbefragung 2019, welche von der Bildungsdirektion für Vorarlberg, der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer Vorarlberg in Auftrag gegeben wurde. Seit 1997 ist es heuer bereits die neunte Befragung. „Die Ergebnisse spiegeln das Meinungsbild unserer Jugend zur heimischen Wirtschaft, zum Arbeitsmarkt sowie der Bildungslandschaft Vorarlbergs und sind somit von bedeutendem Wert“, betont Landesrätin Dr. Barbara Schöbi-Fink. Es ginge darum, aus den Ergebnissen Maßnahmen zu setzen und Lehren zu ziehen, um unseren jungen Erwachsenen die besten Rahmenbedingungen sicherstellen zu können, damit sie sich optimal in den heimischen Arbeitsmarkt integrieren können.

Erfreulich ist vor allem die hohe Akzeptanz und Zufriedenheit, welche die Schulen im Land Vorarlberg genießen. Die aktuelle Befragung zeigt, dass 75 Prozent der Maturantinnen und Maturanten mit ihrer Schule „sehr zufrieden“ bzw. „zufrieden“ sind. Bei der ersten MaturantInnenbefragung in Vorarlberg vor 22 Jahren lag dieser Wert noch bei 68 Prozent. „Das ist vor allem auch unseren engagierten Direktorinnen und Direktoren sowie dem motivierten Lehrkörper zu verdanken, die im Sinne unserer Kinder wertvolle und wichtige Arbeit leisten“, ist die Landesrätin überzeugt.

Frage: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Schule?

Foto: IV

 

Faktor Schulklima für Jugendliche immer wichtiger
Wenn sich die Jugendlichen für eine Schule entscheiden, spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Die Umfrage hat gezeigt, dass das Schulklima und die Allgemeinbildung die größte Bedeutung bei der Wahl einer Schule einnehmen. Für 89 Prozent der Maturantinnen und Maturanten ist das Schulklima „sehr wichtig“ bzw. „wichtig. Im Vergleich zu 2014 hat sich an dieser Priorisierung nichts geändert, die Bedeutung von Schulklima und Allgemeinbildung ist im Vergleich zu fünf Jahren aber nochmals gestiegen.

Frage: Wie wichtig waren Ihnen folgende Punkte bei der Wahl Ihrer Schule?

Foto: IV

 

Interessantes kristallisiert sich beim Blick auf die Geschlechterunterschiede heraus: Mädchen ist es deutlich wichtiger, dass an der Schule ein gutes Klima herrscht, als für die Burschen. 58 Prozent der befragten Schülerinnen gaben an, dass das Schulklima entscheidend für die Schulwahl war, bei den Burschen gaben das 38 Prozent an. Den männlichen Maturanten hingegen ist die Vermittlung von fachspezifischem Wissen wichtig, wenn es um die Auswahl der Schule geht (47 Prozent – Mädchen: 39 Prozent).

Steigende Zufriedenheit mit Lehrpersonen
Zum bereits zweiten Mal nach dem Jahr 2014, wurde in der MaturantInnenbefragung die Frage gestellt, wie zufrieden die Jugendlichen mit ihren Lehrpersonen sind. Dieses Ergebnis konnte von dem guten Wert 2014 (78 Prozent) nochmals getoppt werden auf 81 Prozent, die „zufrieden“ bzw. „sehr zufrieden“ sind. Die Schülerinnen und Schüler schätzen die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrern. Auch über die unterschiedlichen Typen sei das klar zu erkennen, so Schöbi-Fink.

Frage: Wie zufrieden sind Sie im Allgemeinen mit Ihren Lehrpersonen?

Foto: IV

 

Naturwissenschaft stark gefragt – mehr Unentschlossene nach der Matura
Auffällig bei der diesjährigen Befragung ist, dass heuer noch 22 Prozent der befragten Maturantinnen und Maturanten unschlüssig sind, welche weitere Ausbildung oder welchen Beruf sie nach der Matura bzw. nach dem Wehrdienst/Zivildienst wählen. Zum Vergleich im Jahr 2014 lag dieser Wert noch bei 16 Prozent und im Jahr 2012 sogar nur bei 15 Prozent. Hier können Rückschlüsse auf das breite Weiterbildungs- und Ausbildungsangebot gezogen werden. „Den Jugendlichen stehen in Vorarlberg viele Türen offen. Für jede Begabung, für jedes Talent bietet sich den Mädchen und Burschen eine Möglichkeit“, hebt Landesrätin Schöbi-Fink hervor.

Ein genauer Blick zeigt, dass der Wunsch der Jugendlichen zur Weiterbildung nach der Matura an einer Universität heuer bei 36 Prozent liegt. Bei der vorherigen Befragung bei 40 Prozent. Insgesamt 12 Prozent der befragten Personen wollen ein Auslandsaufenthalt anschließen, genauso viele planen einen Berufseinstieg (2014: 14 Prozent). Neun Prozent der Vorarlberger Maturantinnen und Maturanten wollen an eine Fachhochschule. Vor fünf Jahren waren das noch acht Prozent.

Frage: Was machen Sie nach der Matura bzw. nach dem Wehrdienst/Zivildienst?

Foto: IV

 

Als Studienwunsch an Universitäten haben die Naturwissenschaften erstmals die Wirtschaftswissenschaften überholt. An dritter Stelle werden Medizin und an vierter Stelle Geistes- und Sozialwissenschaften genannt. Die vielen Bemühungen im Land um für die MINT-Fächer zu sensibilisieren, lassen auf mehr Fachkräfte hoffen, die in Vorarlberg auch dringend gebraucht werden. „Vorarlberg hat sich in den vergangenen Jahren zu einem äußerst leistungsfähigen Wirtschaftsstandort entwickelt. Wir profitieren von einer hohen Branchenvielfalt und einem gesunden Mix von Industrie und innovativem und kreativem Dienstleistungssektor. Gerade deswegen sind junge, gut ausgebildete Fachkräfte von enormer Bedeutung und Wichtigkeit“, sagt Schöbi-Fink.

Ergebnisse zur Entscheidungsfindung, Arbeitsleben und Wirtschaft an Schulen – Dr. Christoph Jenny

Für Dr. Christoph Jenny, Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg, lässt die MaturantInnenbefragung aufschlussreiche Schlussfolgerungen zu, die in weiterer Folge noch genauer untersucht und mit den beteiligten Partnern besprochen werden sollten. Handlungsbedarf sieht er beispielsweise bei der Einschätzung zur Schwierigkeit der Berufs- und Bildungswahl. 61 Prozent der Schülerinnen und Schüler geben an, dass ihnen die Berufs- und Weiterbildungsentscheidung „eher schwer“ oder „sehr schwer“ fällt (2014: 59 Prozent). „Das hängt sicherlich mit der Fülle an Berufs- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie den vielen Informations- und Beratungsangeboten von Schulen und Bildungspartnern zusammen“, so Jenny.

Bedeutung von Vereinbarkeit Familie/Beruf und Arbeitsklima steigt
Auffallend ist auch, dass die Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf in der Wichtigkeit auf ihr zukünftiges Arbeitsleben am wichtigsten sind. An zweiter Stelle steht das Arbeitsklima und Arbeitsumfeld und mit etwas Abstand auf dem dritten Platz die Arbeitsplatzsicherheit. Erst auf dem vierten Platz folgt das „Hohe Einkommen“.

Frage: Wie wichtig sind Ihnen persönlich die nachfolgenden Aspekte in Bezug auf Ihr zukünftiges Arbeitsleben?
(1 = für mich persönlich am wichtigsten, 8 = für mich persönlich am unwichtigsten)

Foto: IV

 

Besonders „spannend“ bezeichnet Christoph Jenny in diesem Zusammenhang den Unterschied bei der Einschätzung nach Geschlecht: „Während bei der Einschätzung zur Vereinbarkeit und beim Arbeitsklima wenig Unterschiede zu sehen sind, werden die Arbeitsplatzsicherheit und die berufliche Herausforderung von den weiblichen Maturantinnen deutlich wichtiger eingeschätzt. Die männlichen Maturanten hingegen bewerten das ‚hohe Einkommen‘ deutlich höher.“

Frage: Wie wichtig sind Ihnen persönlich die nachfolgenden Aspekte in Bezug auf Ihr zukünftiges Arbeitsleben? Auswertung nach Geschlecht

Foto: IV

 

Arbeiten, wo andere Urlaub machen
Die MaturantInnen wurden auch über ihr Wissen zu den Wirtschaftszweigen gefragt. Auf die Frage, welche Wirtschaftszweige dem Land Vorarlberg ihrer Mitarbeiter nach am meisten Geld (=Bruttowertschätzung) bringen, ist die Reihenfolge: Tourismus, Industrie, Handel, Gewerbe/Handwerk. „Vorarlberg wird nach wie vor als Tourismus- und Industrieland wahrgenommen. Hier gibt es einen Unterschied in der Bewertung zur tatsächlichen Bruttowertschöpfung der einzelnen Sektoren im Land“, so der WKV-Direktor.

Frage: Welcher dieser Wirtschaftszweige bringt dem Land Vorarlberg am meisten Geld (=Bruttowertschöpfung)? (1 = bringt am meisten Geld, 6 = bringt am wenigsten Geld)

Foto: IV

 

Wirtschaft in den Schulen hat Potential
Ein deutlich positiveres Urteil als 2014 geben die MaturantInnen über die Informationen zur Wirtschaft an ihren Schulen ab: 55 Prozent fühlen sich „sehr gut“ oder „gut“ informiert (2014: 41 Prozent). „Allerdings sollte dieser positive Trend nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich 45 Prozent ‚eher schlecht‘ oder ‚sehr schlecht‘ informiert fühlen. Hier gilt es gemeinsam mit der Politik, Schulen, Direktoren, Lehrpersonen und Bildungsbeauftragten über Wirtschaft in den Schulen zu informieren und sie auch erlebbar zu machen“, gibt Jenny zu bedenken.

Frage: Wie gut informiert Sie die Schule über die Wirtschaft und wirtschaftliche Zusammenhänge?

Foto: IV

  Ergebnisse zum Arbeits- und Wirtschaftsstandort, Erfordernisse für den Standort – MMag. Mathias Burtscher

Große Chancen auf dem Arbeitsmarkt
„Die Stimmung der MaturantInnen zu den eigenen Chancen am Arbeitsmarkt ist gut wie nie. Das hängt sicherlich mit der guten Entwicklung der heimischen Wirtschaft in den letzten Jahren zusammen“, analysiert IV-Geschäftsführer Mathias Burtscher. Bei allen Schulformen werden die Chancen am Arbeitsmarkt aktuell deutlich besser als jene vor fünf Jahren eingeschätzt. 36 Prozent rechnen sich „sehr gute“ Chancen auf dem Arbeitsmarkt aus, das sind 10 Prozent mehr als 2014. Weitere 42 Prozent rechnen sich „eher gute“ Chancen aus. Besonders positiv stechen die HTL-, HL Tourismus- und BAfEP-Absolventen hervor.

Frage: Wie beurteilen Sie Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nach Abschluss Ihrer geplanten Ausbildung?

Foto: IV

 

Tops und Flops aus Sicht der Maturanten
Erstmals haben die MaturantInnen das Bundesland Vorarlberg im Schulnotensystem beurteilt. Daraus ergibt sich laut IV-GF Burtscher ein ambivalentes Bild: „Am besten schneidet das Gesundheitsangebot ab, am schlechtesten die Ausgehmöglichkeiten. Unter den Top-3 sind auch die Bewertung zum Öffentlichen Verkehr und die Einstellung zu Arbeit und Leistung in Vorarlberg. Unter die Flop-3 fallen noch der offene Geist und die Infrastruktur an den Bildungseinrichtungen – wie WLAN oder Tablets.

Frage: Bitte bewerten Sie auf Basis Ihrer persönlichen Wahrnehmung die nachfolgenden Aussagen in Bezug auf das Bundesland Vorarlberg. (Bewertung anhand von Schulnoten)

Foto: IV

 

Arbeitsplätze, leistbares Wohnen und Familie fördern Rückkehr nach Vorarlberg
Nachdem 36 Prozent der MaturantInnen – also mehr als jeder Dritte – nach der Matura bzw. nach dem Wehr-/Zivildienst bereits wissen, dass sie ein Universitätsstudium machen, wurde außerdem erstmals gefragt, was in Vorarlberg vorherrschen müsste, damit sie nach dem Studium wieder nach Vorarlberg zurückkommen. Die Antwort ist klar: Attraktive Arbeitsplätze an erster Stelle (400 Stimmen). Gefolgt von leistbarem Wohnen (294 Stimmen) und einem attraktivem Umfeld für die Gründung einer Familie (237 Stimmen). Es gibt auch zahlreiche Stimmen für Weiterbildungsmöglichkeiten (155) und für eine „studentische Szene und Atmosphäre“ (103), aber mit deutlichem Abstand. „Bei vielen dieser Bereiche könnte noch mehr in Vorarlberg getan werden. Die Entwicklung der ‚Marke Vorarlberg‘ kann dazu einen ganz wichtigen Beitrag leisten, aber auch andere Initiativen sind nötig“, so Burtscher.

Frage: Was müsste in Vorarlberg vorherrschen, damit Sie nach Ihrem Studium wieder nach Vorarlberg zurückkommen?

Foto: IV

 

Knappe Mehrheit will städtische, urbane Entwicklung
In den letzten Jahren – und in Zukunft voraussichtlich noch stärker – gibt es den Trend, wonach gerade jüngere und qualifizierte Leute vermehrt in dynamische und städtische bzw. urbane Orte ziehen. Eine knappe Mehrheit (46 Prozent) ist der Meinung, dass sich auch Vorarlberg („ja“ und „eher ja“) städtisch/urban entwickeln soll. 45 Prozent sehen das nicht so („nein“ oder „eher nein“), 10 Prozent haben dazu keine Meinung. Auch dieser Frage gilt es laut IV-Geschäftsführer Mathias Burtscher noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken, damit junge motivierte und gut qualifizierte Menschen gerne in Vorarlberg sind oder nach Vorarlberg (zurück-)kommen.

Frage: Es gibt einen Trend, wonach gerade jüngere und qualifizierte Leute in Zukunft vermehrt in dynamische und städtische bzw. urbane Orte ziehen. Soll sich Vorarlberg städtisch/urban entwickeln?

Foto: IV

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