Die Rufe nach einer Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich sind in der aktuellen öffentlichen Debatte deutlich vernehmbar. Angesichts des sich weiter zuspitzenden Arbeits- und Fachkräftemangels wäre jedoch exakt die gegenteilige Herangehensweise notwendig, denn auch die Zahlen zeigen: In Österreich wird bereits heute weniger gearbeitet als in vielen anderen EU-Ländern – und zwar auch in Vollzeitjobs. Eurostat-Daten zeigen, dass die tatsächliche Wochenarbeitszeit im Rahmen einer Vollzeittätigkeit (unter Berücksichtigung von Urlauben, Feiertagen, sonstigen freien Tagen) von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich weit unter dem EU-Durchschnitt und damit im untersten Drittel liegt. Während Menschen hierzulande im Jahr 2022 im Schnitt tatsächlich 37,65 Stunden gearbeitet haben, betrug der EU-Durchschnitt 38,35 Stunden, in Deutschland waren es gar 38,9 Stunden. „Die Stimmen, die laut nach einer Arbeitszeitreduktion rufen, sollten das Modell zuerst einem Praxischeck unterziehen. Gerade in Zeiten des Arbeits- und Fachkräftemangels kann die Antwort nicht weniger Arbeiten lauten. Ideologie kann die Realität nicht außer Kraft setzen“, so Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung und meint weiter: „Die Wochenarbeitszeit in Österreich liegt bereits an der Untergrenze im europäischen Vergleich – Rufe nach einer weiteren Arbeitszeitreduktion bei vollem Lohnausgleich schaden dem Standort und verteuern die Kosten für den Stundenlohn schlagartig um 20%. Das sorgt für einen weiteren Preisauftrieb – absurd in der Zeit hoher Inflation.“
Wir arbeiten nicht nur weniger Stunden, Österreicherinnen und Österreicher gehen im EU-Vergleich auch früh in Pension. Laut OECD, Pensions at a Glance 2021, lag das faktische Pensionsantrittsalter in Österreich zuletzt für Männer bei 62,0 Jahren und Frauen bei 60,7 Jahren und damit deutlich unter dem EU-Schnitt (Männer 62,6 / Frauen 61,9) bzw. Ländern wie Deutschland (Männer 63,1 / Frauen 63,2) oder Schweden (Männer 65,8 / Frauen 64,9). „Wir müssen mit weniger Arbeitszeit die Produktivität auf heutigem Niveau halten und weiterhin steigern, um unseren Wohlstand und unseren Sozialstaat in dieser Form zu erhalten und unseren folgenden Generationen ähnliche Zukunftsaussichten bieten zu können. Weniger Arbeitsstunden pro Woche und früher in Pension zu gehen, geht sich da nicht aus“, so Knill. Gleichzeitig finden Unternehmen keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr – in der Industrie, in der Lehre, in Restaurants, Hotels und Schulen aber auch im öffentlichen Dienst insgesamt. Damit der Standort nicht weiter an Wettbewerbsfähigkeit verliert und das öffentliche Gemeinwesen nicht weiter unter Druck gerät, sollten die ungenutzten Potenziale am Arbeitsmarkt gehoben werden und die richtigen Anreize, auch zur Beschäftigung über das Pensionsantrittsalter hinaus, gesetzt werden.
Lohn- und Gehaltseinbußen durch Arbeitszeitreduktion auf 32-Stunden
Eine aktuelle Studie des Economica-Instituts im Auftrag der Industriellenvereinigung zeigt die Auswirkungen einer Arbeitszeitreduktion auf 32 Stunden in Österreich auf. „Eine Arbeitszeitreduktion auf 32 Stunden pro Woche hat nicht nur volkswirtschaftliche Nachteile, sondern auch Auswirkungen auf die persönliche finanzielle Zukunft. Im Laufe eines Erwerbslebens summieren sich diese Einbußen auf den Wert einer Eigentumswohnung“, erklärt Knill. Das Ergebnis erstreckt sich über alle Arbeitsbereiche der Industrie: Vom Fräser bis zur Systemtechnikerin. Der reale Lohn- und Gehaltsverlust über das gesamte Arbeitsleben hinweg beläuft sich auf bis zu 350.000 Euro, dies entspricht einer Eigentumswohnung im urbanen Raum oder einem Einfamilienhaus im ländlichen Bereich. Die Berechnungen gehen von einer Reduktion der Wochenarbeitszeit auf 32 Stunden statt der derzeit üblichen 38,5 Stunden aus.