Arbeit, Soziales, Gesundheit

Sonderbetreuungszeit: Einseitiger Rechtsanspruch gefährdet Arbeit in Unternehmen

IV-GS Neumayer: Brauchen faire und ausgewogene Lösung, vollen Kostenersatz und Planbarkeit für Unternehmen – Betriebliche Notwendigkeiten stärker berücksichtigen

„Wir leben in Zeiten, die Menschen und Unternehmen vor große organisatorische Herausforderungen stellen. Auch das Thema Kinderbetreuung ist dabei zweifellos ein ganz wesentliches. Ein einseitiger Rechtsanspruch bei der Sonderbetreuungszeit, wie das nun angedacht ist, ist aus Sicht der Industrie aber abzulehnen“, stellt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, zum gestern eingebrachten parlamentarischen Initiativantrag klar. Vielmehr brauche es ausgewogene, flexible und einvernehmliche Lösungen, die beide Seiten berücksichtigen. Im nun eingebrachten Modell gehe aber jede Flexibilität und Planungssicherheit für die Unternehmen verloren. „Angesichts der ständigen Möglichkeit kurzfristiger Personalausfälle sind Planungs- und Besetzungsschwierigkeiten quasi vorprogrammiert“, so Neumayer. Kritisch zu sehen sei außerdem, dass künftig nicht mehr darauf abgestellt werden soll, ob die Arbeitsleistung von betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für die Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich ist. Unverhältnismäßig sei zudem die Erstreckung des Rechtsanspruchs auch auf Betreuungskonstellationen aufgrund von regulären Ferien und schulfrei erklärten Tagen – also abseits von direkt pandemiebedingten Ausfällen wegen behördlicher Schulschließungen. „Betriebliche Abläufe und Notwendigkeiten werden hier insgesamt nicht ausreichend berücksichtigt“, so der IV-Generalsekretär.

Auch die Kostenfrage müsse ehrlich beantwortet werden. So würde der Ersatzanspruch der Arbeitgeberseite zwar auf 100 Prozent des fortgezahlten Entgelts (anstatt bisher 50 Prozent) erhöht werden – allerdings gedeckelt mit der Höchstbeitragsgrundlage und ohne Ersatz der Lohnnebenkosten. „Es kann nicht sein, dass Unternehmen vor vollendete Tatsachen gestellt werden und obendrein auf anfallenden Kosten sitzenbleiben – noch dazu in einer ohnehin wirtschaftlich so herausfordernden und kritischen Phase“, so Neumayer, der hinzufügt: „Was es daher im Falle eines einseitigen Rechtsanspruchs jedenfalls braucht, ist eine vollständige Refundierung sämtlicher Kosten, inklusive der Lohnnebenkosten.“ Positiv sei abschließend an der angedachten Regelung allenfalls, dass die Sonderbetreuungszeit, und damit auch der Rechtsanspruch, zeitlich befristet und auf die notwendige Betreuung von Angehörigen beschränkt sind.