Der Geschäftsklimaindex der Vorarlberger Industrie – also der Mittelwert der Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage und jener in sechs Monaten – hat sich nach der Verschlechterung vom letzten Quartal gegenüber dem vorletzten Quartal nun nochmal spürbar verschlechtert. Er ist mit -5,70 Prozentpunkten auf einem der tiefsten Stände in den letzten zehn Jahren. Lediglich zu Beginn der Corona-Pandemie sowie im letzten Herbst während der Energiekrise waren die Zahlen schlechter. Hartmann dazu: „Nach einem kurzen Aufschwung nach Ende der Energiekrise geht es nun schon das zweite Quartal in Folge bergab. Vor allem die Kostensteigerungen und die sich allgemein verdüsternde Stimmung führen zu enormer Zurückhaltung. Viele Unternehmen greifen auf ihre Lagerbestände zurück, was die Nachfrage abseits des zurückhaltenden Konsums zusätzlich reduziert und vor allem die Aussicht auf die nächsten sechs Monate eintrübt.“
Die aktuelle Geschäftslage wird nur noch von 31 Prozent der Befragten als gut bezeichnet, 33 Prozent bewerten die aktuelle Geschäftslage als schlecht. Die Geschäftslage in sechs Monaten wird allerdings nur von 7 Prozent als wieder günstiger eingeschätzt. Das spiegelt sich auch in der Einschätzung der Ertragslage in sechs Monaten wider: 49 Prozent der befragten Unternehmen erwarten eine schlechtere Ertragslage im kommenden halben Jahr, nur 12 Prozent erwarten eine Verbesserung.
Vorbereitungen für einen Aufschwung schon jetzt treffen
„Auch wenn die momentane Lage alles andere als optimal ist, gehen wir trotzdem mit Optimismus in die Zukunft. Unternehmer sein bedeutet nämlich, auch in herausfordernden Zeiten an eine zukünftige positive Entwicklung zu glauben“, so Hartmann. Es sei wichtig, langfristig zu denken und nicht allein Krisenfeuerwehr zu spielen. „Die meisten unserer Unternehmen klagen nicht nur über die sich verschlechternde Geschäftslage, sondern auch über die enormen Herausforderungen am Arbeitsmarkt und die steigende Bürokratie. Trotz der negativen Stimmung genießen wir momentan beinahe Vollbeschäftigung, was grundsätzlich gut ist, aber es den Unternehmen enorm schwierig macht, geeignetes Personal zu finden.“ Hier sei die Politik gefordert, solide Fundamente zu legen, damit der Vorarlberger Wirtschaftsstandort nicht in Rückstand gerät. „Ganz Europa konkurriert um die klügsten und fleißigsten Köpfe, es ist daher wichtig, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, damit wir auch in Zukunft konkurrenzfähig sind. Aber gerade beim Zuzug qualifizierter internationaler Arbeitskräfte gibt es noch viel Verbesserungsbedarf. Die Rot-Weiß-Rot Karte ist nach wie vor ein in der Praxis zu schwaches Instrument, um signifikante Zahlen an Arbeitskräften nach Österreich zu bringen. Hier ist die Bundespolitik gefragt, einerseits stärker zu flexibilisieren und Verfahren weiter zu beschleunigen, andererseits aber auch das Verständnis in den abwickelnden Stellen zu entwickeln, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte ein wichtiges Instrument und eine Chance für den qualifizierten Zuzug am Arbeitsmarkt ist. Aber auch im Land können wir hier für bessere Rahmenbedingungen sorgen. Mit der Gründung des Expat Service und der Internationalen Schule sind uns bereits zwei sehr wichtige Schritte gelungen. Hier müssen wir weiterhin die Internationalisierung fordern und Angebote schaffen, die auch von Fachkräften aus dem Ausland in Anspruch genommen werden können.“ Auch der Ausbau der Kinderbetreuung spiele hier eine wichtige Rolle, so Hartmann: „Kinderbetreuung ist Aufgabe der öffentlichen Hand. Wir wissen aber von vielen Betrieben, die einen Beitrag zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf leisten möchten. Als Industriellenvereinigung Vorarlberg und Wirtschaftskammer Vorarlberg wollen wir daher den Ausbau der betrieblichen Kinderbildung und -betreuung weiter fördern und werden auch künftig unsere Unternehmen verstärkt darin unterstützen, hier eigene Wege zu gehen“, so Hartmann.
Die Branchenergebnisse im Detail
„Das Flaggschiff der Vorarlberger Wirtschaft, die Maschinen- und Metallindustrie, hat außerordentlich schlechte Erwartungen“, so IV-Vorarlberg Geschäftsführer Christian Zoll: „Bis auf die Geschäftslage in einem halben Jahr, die 79 Prozent als gleichbleibend einschätzen, sehen 6 von 10 die Aussichten für alle anderen Bereiche (Geschäftslage, Auftragsbestand und Auslandsaufträge derzeit, Produktionstätigkeit, Verkaufspreise, Produktionskapazität und Beschäftigtenstand in 3 Monaten sowie die Ertragssituation derzeit und in 6 Monaten) als negativ“. Der Saldo bei der derzeitigen Geschäftslage hat sich gegenüber dem Vorquartal sogar von +12 auf -43 Punkte verschlechtert.
„Überwiegend durchschnittlich bis leicht zuversichtlich zeigt sich die Nahrungs- und Genussmittelindustrie“, so Christian Zoll. Der überwiegende Teil der befragten Unternehmen (66 Prozent) beurteilen die derzeitige Geschäftslage als gut, ähnliches gilt für den derzeitigen Auftragsbestand. Einstimmig als gleichbleibend sieht man die Aussichten bei Produktionstätigkeit, Produktionskapazität und beim Beschäftigtenstand in 3 Monaten sowie bei der Geschäftslage in 6 Monaten. Die Ertragslage in 6 Monaten allerdings wird von 57 Prozent als schlecht eingestuft.
Verhalten optimistisch sieht man die Aussichten in der Textilindustrie. „Mehr als die Hälfte aller Befragten schätzt Geschäftslage, Auftragsbestand und Auslandsaufträge derzeit sowie den Beschäftigtenstand in 3 Monaten als positiv ein“, so Zoll. 87 Prozent stufen die Verkaufspreise in 3 Monaten als gleichbleibend ein, 68 Prozent die derzeitige Ertragssituation. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden gesucht, der Saldo beim Beschäftigtenstand in einem halben Jahr hat sich gegenüber dem Vorquartal um 47 Punkte verbessert.
„In der Elektro- und Elektronikindustrie sieht der überwiegende Teil der befragten Unternehmen (40 Prozent) die aktuelle Geschäftslage als gut und nur jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent) als schlecht an. Allerdings ist die Auslastung der Produktionskapazitäten bei knapp der Hälfte (46 Prozent) aktuell schlecht“, so der Geschäftsführer der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Michael Amann: „Eine besondere Herausforderung ist die Produktionskapazität in 3 Monaten, hier hat sich der Saldo von zuletzt +21 auf -46 Punkte verschlechtert“.
Der Bereich „Verpackungsindustrie“ sehen die befragten Unternehmen die aktuelle Geschäftslage und auch die anderen Kenngrößen als gleichbleibend an. „Auffallend ist auch in der Verpackungsindustrie,“ erläutert Amann, „dass aufgrund des Drucks auf die Verkaufspreise (Saldo minus 30 Punkte), auch eine Verschlechterung der Ertragslage in 6 Monaten (Saldo minus 30 Punkte) erwartet wird!“ Erfreulich sei dafür, dass 100 Prozent ihren Mitarbeiterstand halten wollen.