VN: Die Arbeiterkammer drängt auf Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Warum ist das aus Sicht der IV keine geeignete Herangehensweise? Die Arbeiterkammer sprach von 30 bis 35 Stunden Vollzeit-Arbeit. Was würde das für die Vorarlberger Industrie bedeuten?
Martin Ohneberg: Eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichem Lohn verteuert den Faktor Arbeit massiv. Wenn man die Arbeitszeit, wie von der Arbeiterkammer vorgeschlagen, um 20% reduziert, braucht man in den meisten Branchen auch 20% mehr Arbeitskräfte. Die Forderung einer Arbeitszeitverkürzung bedeutet also massiv höhere Kosten und damit weniger Wettbewerbsfähigkeit für unsere Betriebe. Ganz abgesehen davon bräuchten Betriebe mehr Mitarbeiter, um die gleiche Arbeit zu erledigen. Diese Mitarbeiter gibt es derzeit allerdings nicht, das sollte die Arbeiterkammer eigentlich wissen.
VN: Die AK sagt, die Produktivität sei gestiegen, die letzte Reduktion der Arbeitszeit fand aber in den 1970er Jahren statt. Jede dritte beschäftigte Person könnte sich schon gar nicht mehr vorstellen, den aktuellen Beruf bis zu Pension auszuüben. Was sagt die IV zu diesen Argumenten?
Martin Ohneberg: Oft wird hier mit einer steigenden Produktivität argumentiert, nur kann man das in vielen Branchen eben nicht so vereinfacht darstellen. Die Produktivität in der Industrie hängt auch maßgeblich davon ab, wie lange eine Maschine läuft, die von Mitarbeitern betrieben wird. Läuft sie um 20% weniger, produziert sie 20% weniger. Die Arbeitnehmervertreter sollten aufhören, Arbeiten als etwas zu sehen, vor dem man die Menschen schützen soll und stattdessen mehr Fokus auf lebenslange Weiterbildung und sinnstiftendes Arbeiten legen.
VN: Die AK argumentiert auch, dadurch könnten mehr Teilzeitkräfte wieder gewonnen werden, da viele gerne mehr arbeiten würden, aber nicht Vollzeit. Könnte verkürzte Arbeitszeiten nicht zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf führen? Wo sollte stattdessen angesetzt werden?
Martin Ohneberg: Arbeitszeitverkürzung ist dafür keine Lösung! Ein Mitarbeiter kann schon jetzt Teilzeit arbeiten, dafür braucht es keine weitere gesetzliche Regelung. Viele Betriebe stellen sich auch vermehrt auf den Wunsch nach Teilzeit ein, schaffen geeignete Rahmenbedingungen dafür. Viel wichtiger bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist aber die Kinderbetreuung. Hier brauchen wir ein besseres Angebot mit ausreichenden Plätzen, die auch Vollzeitarbeit ermöglichen.
Dazu bisher erschienene Berichte (Auswahl):