Wie Japan die Corona-Krise überwinden möchte

Mit gewaltigen Konjunkturpaketen stemmt sich Japan gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie – und setzt dabei auf Digitalisierung sowie umweltfreundliche Technologien.

Anfang Oktober wurde Fumio Kishida zum neuen Regierungschef Japans gewählt. Auf ihn warten große Herausforderungen. Denn auch das „Reich der aufgehenden Sonne“ wurde von der Corona-Krise nicht verschont, weder in gesundheitlicher noch in wirtschaftlicher Hinsicht. Japan fand sich in der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit wieder – und das unter denkbar schlechten Voraussetzungen. Denn schon vor der COVID19-Pandemie schwächelte die Konjunktur auch infolge des Handelskonflikts zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt – den USA und China. Das Virus verursachte einen massiven Wirtschaftseinbruch: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der drittgrößten Volkswirtschaft schrumpfte um 4,8 Prozent, die Staatsverschuldung beläuft sich auf geschätzte 250 Prozent des BIP.

Konjunkturpaket der Superlative

„Bekämpfe Größe mit Größe“ – was fast wie ein Lehrsatz fernöstlicher Kampfkunst anmutet, umschreibt recht treffend die wirtschaftspolitische Corona-Strategie der japanischen Regierung. So wurde im April 2020 als Antwort auf die massive Krise das bis heute größte Konjunkturpaket auf den Weg gebracht, welches das Land je gesehen hat. Über 900 Milliarden Euro sollten vor allem Familien und in Not geratenen kleineren Betrieben unter die Arme greifen.

Japan ist für Österreich nach China zweitwichtigster Handelspartner in Asien. Japanische Direktinvestitionen sichern in Österreich mehr als 6.300 Arbeitsplätze.
Foto: IV

Japan setzt auf Nachhaltigkeit

Weitere gewaltige Ausgaben sollten im Dezember 2020 folgen. Nochmals nahm der Staat rund 317 Milliarden Euro in die Hand – die japanische Berechnung spricht unter Einbeziehung sämtlicher Anschubeffekte gar von über 580 Milliarden Euro. Der Unterschied zu vorangegangenen staatlichen Hilfsmaßnahmen war jedoch das Abzielen nicht nur auf die Sicherung von Beschäftigung und die Unterstützung von Unternehmen. Wie Europa steht auch Japan vor historischen Aufgaben wie der Dekarbonisierung. Die Investitionen zielen daher auf die Bereiche nachhaltige Energie, Zukunftstechnologie und Digitalisierung. Unter anderem durch die Nutzung von Brennstoffzellen soll sich Japan bis 2050 in Richtung Kohlenstoffneutralität entwickeln. Als Anschub auch für die Wasserstoff-Energiewirtschaft wird die Regierung über zehn Jahre rund 15 Milliarden Euro bereitstellen – mit einem Fokus auf wasserstoffgetriebene Mobilität bei Autos, aber auch in der Luft- und Schifffahrt. Auch für österreichische Unternehmen können diese Investitionen eine Chance bedeuten, die zusätzlich durch das EU-Japan-Freihandelsabkommen von 2020 erhöht werden. Immerhin ist Japan für Rot-Weiß-Rot der zweitwichtigste Wirtschaftspartner in Asien und der drittwichtigste Handelspartner Österreichs in Übersee.

Rückkehr des Wachstums, aber…

Im zweiten Quartal 2021 ist Japans Wirtschaft auf den Wachstumspfad zurückgekehrt, jedoch noch nicht mit der Kraft und Verwegenheit eines Samurai. Das Bruttoinlandsprodukt legte von April bis Juni immerhin mit einer Jahresrate von 1,9 Prozent zu. Engpässe bei Halbleitern treffen japanische Autohersteller und andere Exporteure, während es zugleich Hinweise auf eine nachlassende Konjunktur beim wichtigen Handelspartner China gibt. Erschwerend sind die massiv zunehmenden politischen Spannungen zwischen dem Reich der Mitte und den USA im südchinesischen Meer. Experten rechnen allerdings mit einer noch längeren Erholungsdauer von den wirtschaftlichen Pandemiefolgen. Für 2021 prognostiziert der Internationale Währungsfonds ein 3,25 Prozent-Wachstum. Wie stark der Aufschwung anhält, hängt allerdings von der Politik des neuen Regierungschefs ab, der für 31. Oktober eine Neuwahl angesetzt und weitere Konjunkturprogramme angekündigt hat.