„Können nicht zuwarten, wenn es lichterloh brennt!“

IV-Präsident Elmar Hartmann warnt vor einer weiteren Deindustrialisierung und fordert Sofortmaßnahmen für die Stabilisierung und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts – denn immer mehr Unternehmen erwägen, ihre Investitionen ins Ausland zu verlagern, weil die Produktionskosten bei uns zu hoch sind. Bevor es zu spät ist, braucht es einen industriepolitischen Kurswechsel und wirksame Entlastungen!

Vorarlbergs Industrie und der Standort Österreich leiden im bereits dritten Jahr unter einer anhaltenden Rezession. Der Präsident der IV-Vorarlberg, Elmar Hartmann, fordert deshalb im Gespräch mit den „Vorarlberger Nachrichten“ sofort Maßnahmen, um die Deindustrialisierung zu stoppen: „Immer mehr Firmen sind bereit, in anderen Ländern zu investieren“, berichtet er und fordert wirksame Maßnahmen, um die hohen Produktionskosten wieder auf ein wettbewerbsfähiges Maß zu stutzen. 

Standortoffensive! 

(„VN“, 5. Mai 2025) Seit fast zwei Jahren ist Elmar Hartmann, Geschäftsführer der Gantner Electronic GmbH in Nüziders, Präsident der Vorarlberger Industriellenvereinigung – zwei Jahre der Rezession, die Vorarlbergs Wirtschaft hart getroffen hat und weiterhin trifft. Die Auftragsbücher der Industrie belegen dies leider, wie die erst kürzlich veröffentlichte Konjunkturumfrage von WKV und IV-Vorarlberg für das erste Quartal 2025 zeigt. Österreich ist inzwischen das einzige Land, das sich wirtschaftlich nicht erholt. 

Der studierte Wirtschaftspädagoge ist seit seinem Antritt als Präsident auch ein Mahner für bessere Standortbedingungen, und er verlangt sofort notwendige Maßnahmen, um den Standort Vorarlberg und damit auch Arbeitsplätze nachhaltig abzusichern, wie er im Gespräch mit den „VN“ betont. 

„Wir sehen sehr deutlich, dass es der Industrie im Land sehr schlecht geht“, analysiert Hartmann – „die Rahmenbedingungen sind so, dass inzwischen viele Vorarlberger Firmen bereit sind, in andere Länder zu gehen“. Allein im März seien in der österreichischen Industrie 14.000 Jobs abgebaut worden, unterstreicht er. Von den Gewerkschaften erwartet er sich Zurückhaltung bei den KV-Verhandlungen, denn es könne nicht in deren Sinn sein, wenn Unternehmen auslagern und im Inland Arbeitsplätze abbauen müssten. 

Vor einer Deindustrialisierung habe er schon 2024 gewarnt und damals oft gehört: „Elmar, du übertreibst.“ Jetzt zeige sich leider, dass er nicht übertrieben habe. Österreich habe deutlich höhere Lohnstückkosten als vergleichbare Länder, die vor allem einer überbordenden Bürokratie geschuldet seien. 

„Das ist etwas, das extrem viel kostet. Die Komplexität ist dafür verantwortlich, dass wir nicht mehr handlungsfähig sind“ – und deshalb auch nicht konkurrenzfähig, so Hartmann: „Das Ausland fragt nicht, es sieht seine Chancen.“ 

Energie und Fachkräfte! 

Bürokratie sei aber nur ein Teil in einer Gemengelage, an der sich schnell etwas ändern müsse: Die Energiekosten in Österreich seien nach wie vor deutlich höher als bei den Nachbarn; für energieintensive Betriebe sind sie nicht mehr zu stemmen. 

Auch der Fachkräftemangel zehre an der Wettbewerbsfähigkeit – ein Problem, das uns weiter begleiten werde, denn mit Blick auf die Demografie sei klar, „dass die Zahl der Erwerbstätigen nicht mehr zunimmt“. Deshalb benötigten die Firmen eine qualifizierte Zuwanderung – „wir brauchen diese Fachkräfte“ – neben der Ausbildung vor Ort, betont Hartmann mit Blick auf die Herausforderungen in Bezug auf KI und Digitalisierung. 

Ein wichtiger Part komme dabei der betrieblichen Ausbildung im Land zu: „Die Lehre ist ein ausgezeichnetes Instrument“, sagt er, und auch die Fachhochschule Vorarlberg sei sehr stark. Dennoch: Mehr Bildung, mehr Engagement im Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) an den Schulen sei dringend notwendig. 

Gerne sähe er auch eine Universität, die jungen Menschen die Möglichkeit biete, im Land zu studieren; die Forschung und Entwicklung beflügle und damit auch den Standort stärke. 

Chance für die Chance! 

Hartmann fordert außerdem den raschen Ausbau der Infrastruktur. Dass der neue Infrastrukturminister Peter Hanke nun wieder Bewegung in die Sache S18 bringe, sei ein gutes Zeichen, aber auch der Gleisausbau müsse vorangetrieben werden. 

Von der Bundesregierung fordert er Tempo in der Wirtschaftspolitik ein: „Wir können nicht lange überlegen, was zu tun ist, wenn es lichterloh brennt.“ Die Regierung im Land, aber auch auf Bundesebene, habe bereits einige gute Akzente gesetzt – jetzt müsse man dranbleiben, denn „die Chance braucht eine Chance“, schließt er.