Die IV-Vorarlberg hat vor der Wahl einen klaren, 23 Punkte umfassenden Forderungskatalog an die neue Landesregierung erstellt. Erfreut zeigt sich IV-Vorarlberg-Präsident Elmar Hartmann darüber, dass sich eine Vielzahl dieser Forderungen auch im neuen Regierungsprogramm 2024–2029 wiederfindet: „Von der Entbürokratisierung über die Aufnahme von Betriebsflächen in den Bodenfonds, das Promotionsrecht für forschungsstarke Fachhochschulen und den Schienenausbau im unteren Rheintal bis hin zur S18 – das sind wirtschafts- und standortfreundliche Impulse, die wir brauchen, wenn wir unseren Wohlstand nachhaltig erhalten wollen.“
Positiv zu werten sei auch die Ankündigung eines Zukunftsradars zur Beobachtung langfristiger Zukunftsprojekte wie „Ringstraßenbahn“, „Wälderexpress“ oder möglicher City-Cable-Car-Lösungen – alles Ideen, die die IV-Vorarlberg schon lange im Sinne eines Big Picture ins Spiel gebracht hat.
Priorisierung des Standorts
Im neuen Regierungsprogramm findet sich das Standortkapitel im Gegensatz zum Jahr 2019 an prominenter erster Stelle. Infolgedessen werden die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, die Fachkräfteoffensive, der Abbau bürokratischer Hindernisse, die Entwicklung zukunftsfähiger Mobilität, Raumplanung sowie leistbarer Wohnraum zu prioritären Zielen erklärt, wobei die genannten Punkte auch im Fokus der IV stehen.
• Wettbewerbsfähigkeit: Die starke Betonung des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit, die 2019 noch mit keinem Wort erwähnt wurde, sticht nun besonders hervor. „Das hat natürlich auch mit der neuen Dringlichkeit des Themas zu tun – schließlich verschlechtert sich Österreich seit einigen Jahren in allen internationalen Wettbewerbsrankings. Dennoch sehen wir darin ein Bekenntnis vonseiten der Landesregierung, die wirtschaftlichen Standortbedingungen wieder auf Kurs zu bringen“, so Hartmann.
• Fachkräfteoffensive: Positiv zu werten ist, dass die Landesregierung keine budgetären Kürzungen bei Qualifizierung und Ausbildung von Fachkräften, speziell von Lehrlingen, in Aussicht stellt. Die Fachkräftesicherung aus Drittstaaten bleibt jedoch ein kritischer Punkt. Während das Regierungsprogramm 2019 eine fortlaufende Optimierung der Rot-Weiß-Rot-Card (RWR-Card) forderte, findet sich im Programm 2024 keine Erwähnung dieser. Für die Vorarlberger Industrie ist es jedoch von essenzieller Bedeutung, dass die RWR-Card endlich digital und damit zeitnah ausgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang wird die IV die Landesregierung in Zukunft genau beobachten, in welchem Umfang sie sich auf Bundesebene für Reformen einsetzt.
• Bürokratieabbau: Auch wenn der Bürokratieabbau bereits 2019 versprochen wurde, wird das Versprechen nun mit deutlich konkreteren und ambitionierteren Maßnahmen untermauert, wie etwa einer neuen Anlaufstelle im Land für Entbürokratisierung oder der Einführung von Sunset-Klauseln für Gesetze.
• Zukunftsfähige Mobilität: In der Vergangenheit hat der Politik oft der Mut zu schwierigen und kontroversen Entscheidungen gefehlt; dies betrifft vor allem den Infrastrukturbereich, Stichworte S18 oder Ausbau der Schieneninfrastruktur im unteren Rheintal. Hier müssen nun zukunftsweisende Entscheidungen – auch gegen den Widerstand einzelner Gruppen im Land – im Sinne des Ganzen getroffen werden. Positiv zu bewerten ist die angekündigte weitere Verdoppelung der Kapazität des Güterbahnhofs Wolfurt.
• Raumplanung: Im Gegensatz zum alten Regierungsprogramm beinhaltet das aktuelle Programm Maßnahmen, die zu einer Verringerung der Bürokratie und einer Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Baurecht und in der Raumplanung führen sollen. Dies betrifft insbesondere die Genehmigung von Gewerbebauten und Betriebsanlagen. Des Weiteren beinhaltet das Programm die seit Langem von der IV geforderte Möglichkeit des „höheren und dichteren Bauens“, um dem steigenden Bedarf an leistbarem Wohnraum und Arbeitsplätzen Rechnung zu tragen.
• Klima, Nachhaltigkeit und Umwelt: Im Gegensatz zum Jahr 2019 sind die genannten Themen nicht länger als Annex zum Umweltkapitel im Wirtschafts- und Standortkapitel integriert. Des Weiteren wurde der für das Jahr 2019 angekündigte, jedoch nie realisierte Strategiedialog „Wirtschaft & Umwelt“ im neuen Arbeitsprogramm nicht mehr berücksichtigt. Ebenso wurde der „Gesetzes-Check“ für Klima- und Umweltfragen, welcher eine qualitative Bewertung von Regierungsvorlagen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Erreichung der Ziele der Energieautonomie beinhaltete, nicht weitergeführt.
Fazit: Notwendige Impulse, die noch konkreter Zielvorgaben bedürfen
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das von der schwarz-blauen Koalition vorgelegte Programm ein klares Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort darstellt, zahlreiche Forderungen der IV berücksichtigt und wichtige Impulse in den Bereichen Bürokratieabbau, Mobilität und Raumplanung setzt. Positiv hervorzuheben ist auch, dass der umstrittene Gesetzes-Check für Klima- und Umweltfragen nicht mehr enthalten ist.
Kritisch anzumerken ist jedoch, dass in einigen Punkten zwar die Richtung stimmt, aber konkrete Umsetzungspläne und ein Zeitplan fehlen. So fehlt nicht nur ein klarer Zeit- und Maßnahmenplan für die angekündigte Senkung der Lohnnebenkosten, das Regierungsprogramm lässt auch offen, wie die angekündigte „Vereinfachung des Raumplanungsgesetzes“ konkret aussehen soll. Auch im Wohnbau wurde – anders als noch im Regierungsprogramm 2019-2024 – auf eine konkrete Zielvorgabe für die Schaffung neuer gemeinnütziger Wohnungen verzichtet. Auch große Reformen oder neue Leuchtturmprojekte sucht man im neuen Regierungsprogramm vergeblich.
Appell zu konkreten Maßnahmen – jetzt!
In Anbetracht der Möglichkeit eines Dritten Rezessionsjahrs für die Industrie und angesichts steigender Arbeitslosenzahlen betont IV-Vorarlberg-Präsident Elmar Hartmann die Dringlichkeit einer raschen Umsetzung der Ziele. Er fordert konkrete Maßnahmen zu den auf dem Papier positiv klingenden Überschriften der neuen Landesregierung: „Natürlich ist es immer eine große Herausforderung, große Reformen und Leuchtturmprojekte umzusetzen, insbesondere angesichts des hohen Budgetkonsolidierungsdrucks. Dennoch braucht unser Standort Reformwillen und einen klaren Kurswechsel in Richtung eines wirtschaftsfreundlicheren Standorts“, so Hartmann.