Vier-Tage-Woche löst keine Probleme

Das Thema Vier-Tage-Woche kommt derzeit vermehrt in den Fokus und wird leider medial sehr eindimensional im Sinne einer Arbeitszeitverkürzung dargestellt. Die Vier-Tage-Woche für die Industrie löst im Kontext eines starken Arbeitskräftemangels derzeit sicherlich keine Probleme. 

Industrie versperrt sich keinem Thema  

Der Vorstoß von Wirtschafts- und Arbeitsminister Kocher zum Thema Teilzeit im Februar war aus zumindest einer Perspektive höchst erfolgreich: Er hat eine Diskussion losgetreten, aber nicht nur zur Teil- und Vollzeitarbeit selbst, sondern zu Arbeitszeitmodellen insgesamt. In diesem Kontext wird nun die Vier-Tage-Woche immer öfter genannt. Martin Ohneberg, Präsident der IV-Vorarlberg, sieht daher die Notwendigkeit, eine detailliertere Perspektive in diese bisher sehr breit und emotional geführte Debatte zu bringen: „Die Industrie versperrt sich keinem Thema, wir müssen aber feststellen, dass die Vier-TageWoche medial sehr eindimensional dargestellt wird. Die Form der Vier-Tage-Woche, die bisher ausschließlich diskutiert wird und eine reine Reduktion der Arbeitszeit vorsieht, ist aus Industriesicht klar und deutlich abzulehnen.“  

Mehr Arbeitskräftemangel, weniger Wettbewerbsfähigkeit  

Ohneberg weiter: „In der Industrie ist eine Vier-Tage-Woche so einfach nicht machbar, denn in der Produktion ist die Produktivität nicht nur mitarbeiter-, sondern auch maschinengebunden. Wenn man hier also 20 Prozent weniger arbeitet, produziert man auch 20 Prozent weniger Produkte.“ Die Industrie sei auch bei Weitem nicht die einzige Branche, in der das so sei, so Ohneberg weiter: „Medizinisches und Pflegepersonal, aber auch Friseure oder Lehrkräfte oder Gastronomen haben alle dasselbe Problem: Wenn sie weniger arbeiten, schaffen sie weniger Arbeit. Schnelleres Arbeiten kann dann zulasten der Qualität gehen. Da müssen wir uns schon fragen, ob wir uns das als Gesellschaft so wünschen.“  

Ein weiteres Argument von Befürwortern der Vier-Tage-Woche lautet, dass durch die geringeren Arbeitszeiten mehr Menschen gewillt wären, zu arbeiten, man also die Erwerbstätigkeit erhöhen und somit das Produktivitätsniveau halten könnte. Auch das relativiert Martin Ohneberg: „Die Realität in Österreich ist, dass wir hierfür schlicht nicht die demografischen Reserven haben. Bereits jetzt herrscht ein grassierender Arbeitskräftemangel; viele Unternehmen suchen händeringend nach Personal, finden es aber nicht. Eine Vier-Tage-Woche würde diese Herausforderung massiv verstärken und unseren Wohlstand, unser Gesundheitssystem sowie unsere Bildungsstandards gefährden. In Österreich gibt es also schlicht und einfach nicht genügend personelle Reserven, um den Produktivitätsverlust durch die Einführung der VierTage-Woche auszugleichen.“  

IV-Präsident Ohneberg will sich aber keineswegs als prinzipieller Gegner einer Vier-Tage-Woche verstanden wissen: „Das zurzeit diskutierte Modell einer Vier-TageWoche, nämlich eine Kürzung der Arbeitszeit um einen Tag, ist ja nicht die einzige Variante. Kompaktere Arbeitstage, also zum Beispiel die Möglichkeit des ZehnStunden-Tags an vier Tagen die Woche, gäben Arbeitnehmern ebenso die Freiheit, einen Tag in der Woche weniger zu arbeiten. In diesem Fall müssten auch keine Produktivitätsverluste hingenommen werden – gesetzlich möglich wäre dies darüber hinaus schon jetzt.“