Stillstand bei hohen Standortkosten: Aufschwung in Vorarlbergs Industrie bleibt aus

Der Geschäftsklima-Index der Vorarlberger Industrie zeigt auch im 3. Quartal 2025 ein klares Bild: Weiterhin ist beim Geschäftsklimaindex keine Trendwende in Sicht. Mit –6,3 Punkten verzeichnet der Index einen weiteren Rückgang gegenüber den beiden Vorquartalen (+2,1 und –3,5). Damit setzt sich die Negativserie fort – von einer Erholung kann keine Rede sein. 

„Nach einer kurzen Phase der Stabilisierung ist die Zuversicht in den Betrieben wieder gekippt“, so Simon Kampl, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg (IV). „Die Industrie steckt mittlerweile in einer vollausgewachsenen, wenn auch schleichenden Krise fest: Stillstand bei hohen Standortkosten, Produktion, Aufträge und Erträge stagnieren, während die Kosten weiter steigen. Von einer Verbesserung der Lage kann also leider weiterhin keine Rede sein.“ 

An der aktuellen Umfrage für das 3. Quartal 2025 haben 32 Vorarlberger Unternehmen mit zusammen rund 21.000 Beschäftigten teilgenommen. 

Wie ist die aktuelle Lage in den Betrieben? 

Nur jeder zehnte Betrieb beurteilt seine aktuelle Geschäftslage als gut, neun von zehn sprechen von durchschnittlicher oder schlechter Situation. 85 % melden rückläufige oder nur durchschnittliche Auslandsaufträge, und auch die Ertragslage verschlechtert sich weiter: 89 % der Unternehmen bezeichnen sie als schlecht oder rückläufig. 

Insgesamt haben sich sieben der zehn abgefragten Indikatoren gegenüber dem Vorquartal verschlechtert – ein klares Signal für anhaltend hohen Druck auf Produktion, Aufträge und Margen. 

Welche Erwartungen gibt es für die nähere Zukunft? 

Für die kommenden sechs Monate erwarten 89 % der Unternehmen keine Verbesserung, fast die Hälfte sogar eine Verschlechterung beim Ertrag. Besonders kritisch ist die Einschätzung der Ertragslage und Produktionskapazität. Die Unternehmen rechnen weiter mit hohen Kosten, schwacher Nachfrage und zunehmender Unsicherheit an den internationalen Märkten

Was bedeutet das für die Beschäftigten? 

Etwas optimistischer zeigt sich die Beschäftigungslage: 32 % der Betriebe planen, in den kommenden Monaten Personal aufzustocken, 57 % wollen die Zahl der Beschäftigten halten. Dennoch bleibt die Situation angespannt – vor allem, wenn die Auftragseingänge weiter sinken. 

„Unsere stark exportorientierte Industrie ist Vorarlbergs größter Arbeitgeber und nach wie vor in vielen Bereichen noch immer recht gut aufgestellt. Aber die internationale Wirtschaftslage mit ihren Verwerfungen und die immer härteren Bedingungen in Österreich können nicht ausgeblendet werden“, sagt Simon Kampl, Geschäftsführer der IV-Vorarlberg. „Wir sind von einer Phase der Rezession in eine Phase der Stagnation ohne echte Aufschwungsperspektive eingetreten. Das sieht man auch am Arbeitsmarkt. Im September 2025 verzeichnete das AMS Vorarlberg erneut 363 Arbeitslose mehr (+3,6 %) als im Vorjahr. Fachkräfte sind nach wie vor gefragt, aber die Beschäftigungssituation bleibt sehr herausfordernd“, so Simon Kampl.   

Wie schaut es in den einzelnen Branchen aus? 

Das Flaggschiff der Vorarlberger Industrie, die Maschinen- und Metallindustrie, steht im Zentrum bei den Branchenergebnissen. Hier gibt es auch einige der ganz wenigen Lichtblicke. Sechs von zehn sehen höhere Verkaufspreise in drei Monaten, ebenso einen höheren Personalstand in drei Monaten. Bei der aktuellen Geschäftslage hat sich der Saldo von +21 auf +9 verschlechtert. Die Ertragslage in sechs Monaten sehen drei Viertel als schlechter als heute an. Und der Erwartungssaldo bei der Produktionstätigkeit in 3 Monaten hat sich deutlich von zuvor +16 auf jetzt -17 Punkte verschlechtert.  

In der Nahrungs- und Genussmittelindustrie sehen 9 von 10 Befragten die Geschäftslage jetzt und den Auftragsbestand aktuell gleich wie zuletzt. Unverändert sehen alle Befragten ihre aktuellen Auslandsaufträge, weiteres die Produktionstätigkeit und die Verkaufspreise in drei Monaten sowie die Geschäftslage und die Ertragslage in sechs Monaten.  

In der Textilindustrie hat sich der Saldo bei der aktuellen Geschäftslage und beim Auftragsbestand aktuell von -11 auf -44 verschlechtert. Alle Befragten erwarten ihre Verkaufspreise in drei Monaten sowie den Beschäftigtenstand in drei Monaten unverändert. Die derzeitige Ertragslage bezeichnen 29 % unverändert, aber 71 % als insgesamt schlecht. 

Besonders herausfordernd auch die Elektro- und Elektronikindustrie, wo 93 % ihre derzeitige Geschäftslage als schlecht einschätzen. Dafür sehen alle Befragten ihre Produktionstätigkeit in 3 Monaten und ihre Verkaufspreise in 3 Monaten unverändert. Und drei Viertel erwarten eine bessere Geschäftslage in 6 Monaten.  

Und die Verpackungsindustrie? In dem klassischen Frühindikator für die Wirtschaft schätzen 68 % ihre derzeitige Geschäftslage und Ertragslage als schlecht ein. Letztere hat den deutlichsten Rückgang der gesamten Umfrage. Alle Befragten erwarten Gleichstand bei den Verkaufspreisen in 3 Monaten sowie bei Geschäftslage und Ertragssituation in 6 Monaten.  

Was sagt unsere Industrie? 

Die Rückmeldungen zeigen ein klares Muster: 

  • Zunehmende Bürokratie und immer komplexere Vorgaben aus Wien und Brüssel,
  • hohe Lohnkosten, die internationale Wettbewerbsfähigkeit erheblich schwächen,
  • fehlende Planungssicherheit bei Energie- und Standortpolitik. 

Was braucht unsere Industrie? 

“Unsere Betriebe brauchen endlich eine Standortpolitik mit Mut zur statt Stillstand.  Wir dürfen uns nicht einbilden, dass die Lage sich bereits deutlich verbessert hätte – die Industrie verliert in ganz Österreich weiterhin Arbeitsplätze, und ohne tiefgreifende Reformen wird sich daran nichts ändern. Wir brauchen auf Bundesebene endlich eine echte Industriestrategie, die den Standort stärkt, Investitionen erleichtert und Innovationen beschleunigt. Und wir brauchen ein radikales Entbürokratisierungspaket, das Unternehmen wieder atmen lässt.  

Aber auch auf Landesebene muss endlich Tempo gemacht werden: Ein Jahr Stillstand, bis eine zentrale Entbürokratisierungsstelle überhaupt ausgeschrieben wird, ist ein Jahr zu viel. Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit Vorarlbergs sichern wollen, braucht es Mut zur Umsetzung – nicht nur Ankündigungen“, so Simon Kampl abschließend.