Betriebliche Kinderbetreuung in der Praxis

Interview mit Perrine Getzner von Getzner Textil.

Mit den „Buntstiftle“ (2016) und dem „Buntspechtle“ (2023) betreibt Getzner Textil zwei betriebseigene Kinderbetreuungseinrichtungen. Was war die Motivation für die Gründung? 

Die ursprüngliche Motivation dahinter war die Beobachtung, dass zahlreiche Frauen den Wunsch haben, frühzeitig in den Beruf zurückzukehren, jedoch oft daran gehindert werden, weil es an adäquaten Kinderbetreuungsmöglichkeiten mangelt. 

Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen? 

Nach der Gründung des „Buntstiftle“ im Jahr 2016 begannen wir zunächst ,mit einer Gruppe von sieben Kindern. Trotz anfänglicher Bedenken etablierte sich die Einrichtung schnell und führte zu langen Wartelisten. Um dem Bedarf gerecht zu werden, erweiterten wir unser Angebot und eröffneten im Herbst 2023 die erste betriebliche Naturkinderbetreuungseinrichtung, Getzners „Buntspechtle“. Für das nächste Betreuungsjahr haben sich bereits 45 Kinder von Mitarbeitenden angemeldet. Außerdem schätzen unsere Eltern, dass wir den VIF-Richtlinien entsprechen. Das bedeutet, dass wir von Montag bis Freitag von 6:45 bis 17:30 Uhr geöffnet haben und maximal fünf Wochen pro Jahr geschlossen sind. 

Sind sich Bewerber dieses Angebots in der Regel bewusst? Wie hat Ihre betriebliche Kinderbetreuungseinrichtung die Wahrnehmung von Getzner auf dem Arbeitsmarkt beeinflusst? 

Ja, dank unseres Kinderbetreuungsangebots konnten wir bereits erfolgreich Bewerber gewinnen. Zudem wird Getzner in Bezug auf Familienfreundlichkeit positiv von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Darüber hinaus stellt dies einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu anderen Unternehmen dar. 

Wie aufwendig empfanden Sie die Gründung Ihrer Einrichtungen? 

Das „Buntstiftle“ wurde in sechs Monaten mit minimalen Anpassungen an den Räumlichkeiten und in Kooperation mit der Stadt Bludenz gegründet; der Aufwand war gering. Der Aufbau des „Buntspechtle“ dauerte länger, acht Monate, da ein Neubau nötig war. Trotzdem wurde das Projekt dank der Unterstützung von Pädagoginnen, der Bauabteilung, Tischlern, Lehrlingen und dem Vorstand, der das Projekt tatkräftig förderte, erfolgreich umgesetzt. 

Getzners „Buntspechtle“ ist Vorarlbergs erste betriebliche Natur-Kleinkindbetreuungseinrichtung. Was macht diese anders? 

Unsere Pädagoginnen entwickelten ein Bildungskonzept mit Schwerpunkten wie MINT, das Kinder für Naturwissenschaften und Technik begeistert. Das langfristige Ziel besteht darin, dass die Kinder bei anhaltendem Interesse eine entsprechende Ausbildung in Betracht ziehen und so dem Fachkräftemangel in Vorarlberg entgegenwirken können. Ein weiterer Fokus liegt auf Natur- und Erlebnispädagogik, die ökologisch sinnvolles Handeln fördert und die Freude an der Natur stärkt. Naturerfahrungen verbessern Kreativität, Selbstbewusstsein, Sprachkompetenz, Orientierung und Sozialverhalten. Das Konzept der Pädagoginnen leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Bildung und zur Sicherung der Zukunftschancen unserer Kinder. 

Wie sehen Sie die Zukunft der Kinderbetreuung in Vorarlberg? 

Ich bin überzeugt, dass Bund, Länder, Gemeinden und Wirtschaft gemeinsam handeln müssen. Die Wirtschaft benötigt Fachkräfte, und durch ein solches Angebot können diese auch gewonnen werden. Es ist auch wichtig, das Betreuungsangebot für Kinder über vier Jahre zu erweitern, um Eltern während der Ferien zu unterstützen. Bei Getzner bieten wir seit einigen Jahren in Kooperation mit der Stadt eine zu 50 % subventionierte ganztägige Betreuung in den Semester-, Oster-, Sommer- und Herbstferien an. Dieses Jahr haben wir eine kostengünstige Getzner-MINT-Betreuung für die Semesterferien eingeführt, die im Sommer wiederholt wird.