Strommarkt: Zögerliches Handeln kann Existenzen bedrohen

IV-Vorarlberg Präsident Ohneberg zur gegenwärtigen Lage auf dem Strommarkt: „Vorarlberger Industrie mit großer Gefahr konfrontiert“

Die Vorgänge rund um den plötzlichen Finanzbedarf von Wien Energie haben die De­batte über die enorm hohen Strompreise und deren Ent­stehung noch verstärkt. Martin Ohneberg, Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg, findet zur preislichen Heraus­forderung klare Worte: „Angesichts der enorm gestiegenen Energiekosten sieht sich die Vorarlberger Industrie – und so­mit das ganze Land – mit einer großen Gefahr konfrontiert, die für Betriebe exis­tenzbedrohend sein kann.“ In einer von der Industriellenvereinigung Vorarlberg und der Wirtschaftskammer Vorarlberg durchge­führten Umfrage unter den Industriebetrie­ben gibt eine große Mehrheit an, dass der Anteil der Energiekosten am Umsatz seit 2020 um ein Vielfaches gestiegen sei, und dies trotz teilweise langfristig abgeschlos­sener Verträge. Viele davon laufen Ende des Jahres aus, weshalb man stellenweise von einer Verzehnfachung des Preises spre­chen könne. „Vor allem energieintensiven Unternehmen geht die gegenwärtige Dyna­mik an die Substanz. Sofern die Preise auf ihrem momentanen Niveau bleiben, müs­sen die Betriebe beinahe ohne Ausnahme ihre Preise weiter erhöhen – und manche sogar ihre Produktion herunterfahren oder gar komplett schließen“, so Ohneberg.

Einsparpotenzial und Substitutionsmöglichkeiten begrenzt

„Was das für das Land und die Bevölkerung bedeuten würde, kann man sich vorstellen“, so Ohneberg weiter. „Die wirtschaftlichen Folgen wären beispiellos in unserer jüngeren Geschichte, und zusätzlich zur wirtschaftli­chen Krise hätten wir früher oder später eine soziale Krise, ausgelöst durch einen giftigen Cocktail aus steigenden Preisen und stei­genden Arbeitslosenzahlen.“ Um diesen Ent­wicklungen entgegenzuwirken, sei nun die Politik gefragt, denn die heimischen Betrie­be hätten bereits die meisten Möglichkeiten, ihre Energiekosten zu senken, ausgeschöpft. In der Umfrage gab etwa ein Viertel der Be­fragten an, kein weiteres Einsparungspoten­zial zu haben; die meisten anderen sehen Einsparungspotenzial bei nur noch wenigen Prozent. „Einen Großteil der Einsparmöglich­keiten haben Betriebe bereits durchgeführt. Auch ist das Potenzial, Gas durch Öl zu subs­tituieren, bei manchen zwar teilweise gege­ben, aber bei weitem nicht bei allen. Zudem stellt sich auch beim Öl die Frage nach Preis und Verfügbarkeit, von der Klimaschädlich­keit ganz zu schweigen. Trotzdem muss auch das Land prüfen, ob eine strategische Ölre­serve für Vorarlberg machbar und sinnvoll ist“, so Ohneberg weiter.

Breites Maßnahmenbündel gefordert

Ein breites Maßnahmenbündel sei des­halb wichtiger denn je, um Betriebe abzu­sichern, so Ohneberg: „Die Politik muss hier noch stärker tätig werden, um diesen enor­men Schaden von unserer Wirtschaft abzu­wehren. Vor allem der Strompreismecha­nismus muss adaptiert werden. Es hat sich gezeigt, dass es hier einen Eingriff braucht, um die hochgetriebenen Preise wieder ein­zufangen. Natürlich muss dieses System aber weiterhin auf marktwirtschaftlichen Prinzipien beruhen.“ Dass die Regierung hier in einer undankbaren Situation ist, er­kennt Ohneberg an: „Es braucht ganz klar eine europäische Lösung für dieses euro­päische Problem.“ Aber auch in Österreich können Maßnahmen getroffen werden, die sinnvoll seien: So brauche es dringend eine Ausweitung des Energiepreisdeckels auf Unternehmen. Jedenfalls sei aber Gefahr im Verzug, so IV-Vorarlberg-Präsident Oh­neberg: „Wenn wir jetzt nicht handeln, kann es schon bald zu spät sein.“